Kansas — die erste Woche

Ich habe nun meine ersten Tage und Wochen hinter mir, und ich kann rückblickend sagen, dass in der ersten Zeit bereits einiges passiert ist;
ein BBQ mit der Familie, Bäume besteigen, High School Anmeldung und der erste Einkauf. Viele kleine Dinge, über die man sich im Alltag normalerweise keine großen Gedanken macht, fallen anders, mal besser, mal schlechter, aus.


In den ersten Tagen nach meiner Ankunft wurde direkt eine „kleine“ Geburtstagsfeier geplant. Beide Geburtstage meiner Gasteltern liegen recht nah beieinander, und so entschlossen wir uns einen Grillabend mit Marvins (Gastvater) zu veranstalten. Prompt wurde ein Facebook Event erstellt und eine lange Liste an benötigten Materialien für das kommende Event in zwei Tagen erstellt. — Facebook ist unter den Ü35 jährigen Menschen noch sehr verbreitet; Bilder, Events und andere Tagesaktivitäten lassen sich dort finden und es kam schon des Öfteren vor, dass mir das Leben von Familienmitgliedern oder Freunden durch Facebook gezeigt wurde. Sehr beängstigend, so einfach einen recht tiefen Einblick in das Leben anderer zu erhalten, ohne, dass diese davon wissen.

Als wir nun also eine Liste an Lebensmittel und anderen Dingen hatten welche für das kommende „BBQ“ einzukaufen sind, haben wir uns mit unseren Truck des Fabrikanten General Motor Company (GMC) auf den Weg zum nächsten Walmart (Einkaufsladen in Übergroße mit allen erdenklichen Artikeln; Elektronik, Gartencenter, Lebensmittel, Autoteile… Vor Ort habe ich mir zunächst eine SIM-Karte gekauft, um auch für die nächsten Monate vor Ort erreichbar und vernetzt zu sein. Danach ging es die Gartencenter Abteilung. Ein neuer Grill musste her, der alte sei ja schon 3 Jahre alt und viel zu klein für die 30 Burgerpatties und HotDog Würstchen.

ein kleiner Bereich der Fleischwarenabteilung des örtlichen Walmarts

Nachdem dieser Punkt auch abgehakt war, ging es endlich in die Lebensmittel Abteilung. Wir haben einiges an Essen eingekauft und eine Sache viel mir direkt auf; alles ist in großen Packungen für möglichst wenig Geld verfügbar. Besonders staunen musste ich, als wir am Regal der „frischen“ Eier vorbeigingen; $6.16 (5,25€) für 60 Eier in Styroporschachteln. Das sind nicht einmal 0,09€ pro Ei! Diese Schema setzte sich aber nur so fort. Auch das Fleisch, die Milch, sogar die Cola wurden alle zu Preisen verkauft, welche sich ein Schwabe nur erträumle könnte. Den „durchschnitts“ Amerikaner interessiert das Preis/Mengen Verhältnis einfach um einiges mehr, als das die Eier und das Fleisch aus einer guten Haltung kommen. Diesen Unterschied schmecke ich als verwöhnten Deutschen, mit etwa 10 Eiern aus Freilandhaltung für 6€, natürlich, doch ist es schwieriger, gute Produkte erst einmal zu finden, als wir es aus Deutschland kennen. Die Läden, und dabei ist es in der Regel egal was diese verkaufen, sind einfach nicht auf diesen Gesichtspunkt ausgelegt. Es gilt ganz einfach: Quantität vor Qualität. — Andererseits muss man sagen, wenn ich jeden Tag mehrere Dosen Dr.Pepper zu mir nehme und dazu auch noch reichlich Fleisch, wir reden hier von 4 Wiener Schnitzeln mit reichlich Ketchup in nur einer Mahlzeit, wäre mir die Qualität von diesem Fleisch auf Dauer auch egal (ich habe genau das probiert und weiß wovon ich rede). Ich erhalte immer noch schiefe Blicke, wenn ich mir Mayonnaise zu meinen „French Fries“ hole, diese gehöre ja schließlich nur auf den Burger oder in den (übersüßten) Kartoffelsalat. Auch sind andere Soßen wie Steaksoßen, Knoblauchsoße etc. nur selten außerhalb ihrer regulären „Einsatzbereiche“ zu finden. Hauptsache Ketchup und Senf sind verfügbar, und das in Mengen.

Vom Einkauf zurück und den „Schock“ verarbeitet, ging es an das Aufräumen der Auffahrt, damit wir hier ein Zelt und den Grill aufstellen können. Prompt wurde sich der Traktor mit Schaufel parat gestellt, in welche wir einfach jeden Müll der noch so gefunden wurde hinein warfen, um diesen später in Müllsäcken an den Straßenrand zu stellen. Mülltrennung? Existiert, jedoch nur in eigenen sogn. „Recycling-Centern“, welche aber von keinem wirklich genutzt werden. Hauptsache die Müllsäcke sind schön groß, damit wir auch ja nicht zweimal laufen müssen 🙂 Nach ca. 2 Stunden waren wir dann fertig; die Auffahrt sauber, das Zelt und den Grill aufgebaut, der nächste Tag und die kleine Feier konnten kommen.

Am Abend des nächsten Tages — allmählich trafen die Gäste mit Harleys und Klassikern der 80er und 90er Jahre ein. Da mein Gastvater sechs Geschwister hat, welche alle samt mindestens 20 Jähre älter als er sind, kamen teilweise auch die erwachsenen Kinder mancher seiner Brüder mit. Außerdem durfte ich an diesem Abend seine Mutter (86) und den Stiefvater (92) kennenlernen. Alle Gäste kamen von Zeit zu Zeit zu mir und begrüßten mich herzlich. Ich habe bisher immer nur gute Erfahrungen mit den Menschen vor Ort gemacht. Egal wo man hingeht, sei es ein Restaurant, Familienfeier oder Supermarkt; die Menschen sind sehr nett und, vor allem in Restaurants, sehr zuvorkommend. Die schlechte Stimmung welche einige Deutsche teilweise an den Tag legen findet man hier gar nicht.

(ein Teil der) Familie „James“ — vier Generationen auf einem Foto vereint

Nach dem ersten Wochenende und den ersten Kontakten mit der Familie stand in der kommenden Woche das „Enrollment“, die Schulanmeldung und Wahl der Kurse, für die High School an.
Wir begaben uns also an einem Montagmittag zur „Neodesha High School“ und wurden direkt im Eingangsbereich begrüßt. Man verwies uns an das Sekretariat. Hier waren die Sekretärinnen und Sekretäre auch direkt von meiner Größe überrascht, die Amerikaner sind nicht sehr groß. Danach durfte ich mir meine Kurse auswählen — man hat eine völlig freie Wahl, es ist nur empfohlen, mindestens 2 aus dem Bereich Naturwissenschaftliche/Mathematik zu belegen. Ich entschied mich für eine Reihe an Kursen, darunter „Algebra II“, dem höchsten Mathekurs. Dieser beschäftigt sich (in der 11. Klasse wohlgemerkt!) hauptsächlich mit der Einführung in „Funktionen“, für mich als Schüler eines Gymnasiums Stoff der 8. und 9. Klasse. Unter anderem war auch Chemie unter meinen Fächern, hier ist das „Metrische System“ das Thema für das Schuljahr. Sonst lassen sich noch Fächer wie „Business Management“ oder „U.S. Government“ finden, alles also ziemlich einfach, zumindest für meine Verhältnisse.

An der High School angemeldet konnte ich es bis zum Schulstart am 18. August etwas entspannter angehen lassen. Die Eltern meiner Gastmutter wohnen im Nachbarort, weshalb meine Gasteltern mir vorgeschlagen haben den Tag über dort zu verbringen und mich nach der Arbeit wieder abzuholen. Da ich sonst eh nichts zu tun hätte, verbrachte ich also die restlichen Tage der Woche dort. Dave, der Vater meiner Gastmutter, ist ein Automechaniker, geht aber morgens immer seinen anderen Hobbies nach. Da bald die Jagdsaison startet, bereitet er sich aktuell auf diese vor. Jagen ist für Dave anders als wir es auch Deutschland kennen — anstatt eines Hochstands, beklettert er einen Baum und nutzt diesen als eine Ersatz für Hochstand. Beachtlich für einen Mann von fast 70 Jahren. Dave zeigte mir also sein ganzes Equipment, bis wir uns dann auf sein Golf Kart setzten und ich seinen Wald hinter dem Haus fuhren.

Die nächsten Tage verbrachte ich also mit klettern, angeln, klettern und Autos reparieren. Eine bessere Beschäftigung kann man sich nicht vorstellen, da man immer etwas zu tun hat was einem Spaß macht und nebenbei auch die Familie kennenlernt. Ideal!


Die ersten beiden Wochen waren nun also vergangen und mein erster Tag an der High School steht in ein paar Tagen an. Bisher bin ich von diesem Land und dem Menschen fasziniert, erstaunt und manchmal auch verwundert. Doch ich fühle mich bisher sehr wohl und gut aufgenommen, die kommenden Wochen, vor allem an der Schule, werden dann noch weiteres zeigen. Bis dahin freue ich mich aber auf vieles weiteres was ich noch erleben darf, ich stehe ja gerade einmal am Anfang meiner nächsten 10 Monate!

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One Response

  1. Hey, tolle Sache mit dem Jäger Dave! und die spannenden Beschäftigunen wie klettern, angeln und Autos reparieren. Schulprogramn liest sich auch interessant. Viel Freude und Alles Gute weiterhin. ..

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